Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung auf der Bezirkekonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | 4. GJ B Positionen für das Superwahljahr |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 05.09.2020, 17:12 |
Antragshistorie: | Version 1 |
A15NEU: Linke Freiräume erhalten - Räumungen verhindern!
Antragstext
Die Räumung des Syndikats am Anfang August war für Aktive in der linken Szene
sowie die gesamte Nachbar*innenschaft ein Schlag ins Gesicht. Für viele andere
war es mindestens sehr schade. Das Syndikat war für mehrere Jahrzehnte ein
fester und zentraler Bestandteil der Neuköllner Kiezkultur. Es war Treffpunkt,
Rückzugsort und nicht zuletzt ein politischer Raum, in dem Bildungsarbeit
geleistet, eine solidarische Nachbar*innenschaft oder Protest gegen Nazis
organisiert wurde.
Undemokratische Polizeieinsätze verhindern!
Den riesigen Polizeieinsatz, zur Räumung des Syndikats samt der starken
Einschränkungen der Versammlungsfreiheit (z.B. der Ausweisung einer, fast den
gesamten Kiez umfassenden polizeilichen Sperrzone), kritisieren wir scharf. Es
kann nicht sein, dass die Interessen privater, milliardenschwerer
Investor*innen, die im Gegensatz zum Syndikat keinerlei gemeinnützige oder
soziale Ziele verfolgen, sondern nur den Ausverkauf der Stadt vorantreiben, mit
einen durch Steuermitteln finanzierten Polizeieinsatz durchgesetzt werden.
Linke Freiräume sind wichtig für Berlin!
Das Syndikat ist nur eins von mehreren linken Projekten, die aktuell akut
räumungsbedroht sind. In den letzten Jahren hat die Szene bereits mit dem
Drugstore, der Friedel54 und der Liebig14 wichtige Orte verloren, für die keine
Ersatzräume in Sicht sind. Außerdem stehen die Potse in Schöneberg (ein
selbstverwaltetes Jugendzentrum), die Liebig34 (ein queer*feministisches
Hausprojekt und Infoladenkollektiv) im Friedrichshain und die Meuterei kurz vor
der Räumung.
Diese und andere Räume, wie die Rigaer94 oder Meuterei, sind zentrale Räume für
die gesamte linke Szene in Berlin. Viele verschiedene Gruppierungen nutzen diese
regelmäßig kostengünstig bzw. kostenlos für Plena und organisieren dezentral
Demonstrationen gegen die AfD oder andere Nazis sowie andere Demonstrationen,
wie den Frauen*-Kampftag. Sollte es bald keine oder deutlich weniger dieser
Räume geben, würde wichtige und demokratiefördernde politische Arbeit wegfallen.
Die linken Freiräume bieten außerdem Schutz für Menschen -insbesondere Frauen*,
inter*- oder trans*-Personen-, die vor Gewalt, Diskriminierung und Unterdrückung
fliehen. Migrant*innen, deren Aufenthalt in Deutschland illegalisiert wird,
können sicher unterkommen und finden Unterstützung.
Viele der Bewohner*innen linker Räume geraten durch die Verdrängung der Projekte
in Existenzängste, da sie aus verschiedenen Gründen (prekäre
Beschäftigungsbedingungen, Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt usw.) keine
anderen Wohnmöglichkeiten haben. Einige dieser Menschen würden nach der Räumung
weiterer Projekte in die Wohnungslosigkeit rutschen.
Außerdem wird in diesen Räumen wichtige politische Bildungsarbeit geleistet.
Insbesondere in Orten wie der Potse werden seit Jahrzehnten junge Menschen
motiviert, sich aktiv mit dem politischen Geschehen auseinander zu setzen. Es
werden von Anfang an grundlegende demokratische Werte, wie die Gleichheit aller
Menschen, Meinungsfreiheit oder der Kampf gegen undemokratische Strukturen und
Einstellungen vermittelt. Dadurch stärken diese Räume und Projekte aktiv die
Demokratie und Zivilgesellschaft. Gehen solche Projekte verloren, geht auch
diese wichtige Bildungsarbeit verloren und rechte, undemokratische Strukturen
profitieren im Zweifelsfall davon.
Schon jetzt sind Raume für linke Bildungs- und Bündnisarbeit knapp. Verschärft
sich die Raumsituation in der Szene in den kommenden Jahren weiter, hat diese
bald ein sehr ernsthaftes Raumproblem.
Konsequente Unterstützung linker Freiräume
Aus diesen Gründen erkennt die GRÜNE JUGEND Berlin den Wert linker Freiräume an
und setzt sich auf allen Ebenen dafür ein, diese zu erhalten und Ersatzräume für
bereits verdrängte Projekte zu finden. Weiter ist unser Ziel, nicht nur die
Räumung von bestehenden Projekten zu verhindern, sonder ebenso neue linke
Freiräume und Projekte zu ermöglichen und zu fördern. Außerdem sind wir
solidarisch mit allen Menschen, die gegen die Verdrängung von linken Freiräumen
protestieren. Deswegen wollen wir ihren Protest auf der Straße unterstützen und
aktiv in die Parlamente tragen.
Wir müssen jetzt handeln!
Das queerfeministische Hausprojekt “Liebig34” in der Liebigstraße ist momentan
am akutesten von einer Räumung bedroht. Insbesondere für viele Frauen*, inter*-
und trans*-Personen ist die Liebig34 ein einzigartiger safe-space und
diskriminierungsarmer Raum. Bis zu 40 Frauen*, inter*- und trans*-Personen leben
fest in der Liebig34 und im Falle einer Räumung gehen deren Schlaf- und
Wohnplätze verloren. Außerdem würden weiteren autonomen Gruppierungen die Räume
für ihre politische Arbeit wegfallen.
Die Unternehmensgruppe Padovicz, die das Haus in der Liebigstraße 34 besitzt,
ist für ihre radikalen Methoden zur Entmietung bekannt. Wir fordern daher das
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg auf, Verhandlungen mit Padovicz aufzunehmen
und über die Kommunalisierung des Hauses zu verhandeln. Ist hier keine Einigung
möglich, soll das Bezirksamtes weitere Möglichkeiten prüfen. Für den Fall, dass
die jetzigen Besitzer*innen das Haus entgegen der Erwartungen verkaufen sollten,
soll vom Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht werden. Außerdem sollen weitere
Möglichkeiten, wie z.B. Eine treuhänderische Enteignung in Erwägung gezogen
werden.
In dem Fall, dass es trotzdem zu einer Räumung kommt, sollen sich die Grünen
Senator*innen beim Innensenator dafür einsetzen, dass die Liebig34 weder durch
einen ähnlich großen Polizeieinsatz geräumt wird, wie das Syndikat, noch das bei
der Räumung in solchem Maße Freiheitsrechte eingeschränkt werden. Sollte die
Räumung dennoch vergleichbare Ausmaße von Polizeiwillkür wie bei der
Syndikatsräumung annehmen, fordern wir Bündnis90/Die Grünen Berlin auf,
Konsequenzen zu ziehen. Dass bedeutet konkret: Entweder gelingt es, den
Innensenator zu einem Rücktritt zu bewegen oder die aktuelle Koalition zu
verlassen.
Außerdem sollen in diesem Fall von Seiten des Senats passende und bezahlbare
Ersatzräume im Kiez gefunden werden. Das sollte aber immer die letzte Option
sein, da die Liebig34 seit Jahrzehnten gut in der Kiezstruktur integriert ist
und eine solidarische Nachbar*innenschaft organisiert.
Ganz aktuell ist auch die Meuterei, ein Kneipenkollektiv in Kreuzberg, von einer
anstehenden Verdränung betroffen. Es droht, dass die Besitzer*innen des Hauses
in naher Zukunft die Schlösser austauschen und daher gibt es dann keinen
richtigen Räumungstermin, wie z.B. beim Syndikat. Dadurch kann in der Konsequenz
kein richtiger Protest gegen die Verdrängung der Meuterei organisiert werden.
Ursachen bekämpfen
Solange wir in einer kapitalistischen Gesellschaftsordnung leben, werden wir
immer wieder mit Räumungen (nicht nur von linken Freiräumen) konfrontiert sein.
Es reicht nicht, wenn wir jedes Mal wieder Räumungen kritisieren und uns ihnen
entgegenstellen. Eine Gesellschaft, in der Menschen keine Angst vor Räumungen
haben müssen, ist nur möglich, wenn der Wohnraum in Gemeineigentum ist. Dass
bedeutet Antikapitalismus, Enteignung und Vergesellschaftung.
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