Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung auf der Bezirkekonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | 4. GJ B Positionen für das Superwahljahr |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 05.09.2020, 17:01 |
Antragshistorie: | Version 1 |
A8NEU: Geschichte aufarbeiten, aufmachen zu einer postkolonialen Gesellschaft
Antragstext
Exponate mit einer ungeklärten Herkunft werden in einem nachgebauten Preußen-
Schloss ausgestellt. Hunderte menschliche Überreste, die während des
Kolonialismus zu Forschungszwecken nach Deutschland verschleppt wurden, befinden
sich heute noch in Berlin. Die deutsche Kolonialgeschichte ist noch nicht mal
ansatzweise ausreichend aufgearbeitet. Dieses Defizit muss ausgeglichen werden!
Die Dekolonialisierungsprozesse in Kultur, Bildung und im öffentlichen Raum
müssen massiv voran getrieben werden.
Deshalb fordern wir einerseits, dass die Museen und Sammlungen, in denen sich
geraubte Objekte befinden, Verantwortung übernehmen und die Provenienzforschung
in ihren Häusern vorantreiben. Außerdem setzen wir uns für eine
Provenienzforschung durch das Land Berlin ein, die von Kultureinrichtungen
unabhängig ist. Der Dialog mit den Nachfahren der Schöpfer*innen und
rechtmäßigen Eigentümer*innen muss aufgenommen werden, um ein Konzept für den
Verbleib und Zugang zu Beutekunst und kolonialer Raubkunst zu erarbeiten. Wir
brauchen einen regen Austausch aller Beteiligten. Die Ergebnisse der
Provenienzforschung sollen fortlaufend mehrsprachig veröffentlicht werden. Für
menschliche Überreste fordern wir ein Sofortprogramm zur Provenienzforschung. Es
muss alles getan werden, damit diese menschlichen Überreste so schnell wie
möglich auf respektvollem Weg an ihre Nachfahren übergeben werden können.
Die nur langsam vorankommende Aufarbeitung führt auch zu einer gering
ausgeprägten Gedenkkultur. Berlin braucht ein zentrales Mahnmal und ein
zentrales Gedenken, in Form von Veranstaltungen und Kundgebungen, vor allem zum
Abschluss der Afrika-Konferenz und zum Internationalen Tag zur Erinnerung an die
transatlantische Versklavung und deren Abschaffung. Bei der Aufarbeitung im
öffentlichen Raum gehört aber auch dazu, dass die Voraussetzungen für die
Umbenennung von Straßen, die kolonialistisches Gedankengut ehren, geschaffen
werden. Hier ist es wichtig, dass diskriminierende Sprache als Umbenennungsgrund
aufgenommen wird, aber auch, dass es feste Rahmenbedingungen für Umbenennungen
gibt, die den Ablauf sowie die Beteiligung von Öffentlichkeit und Betroffenen
regeln. Des Weiteren müssen berlinweit alle Straßen und Orte identifiziert
werden, die einen kolonialen Kontext haben. Für diese Straßen und Orte brauchen
wir eine Debatte und folgend derer einen Prozess zusammen mit Initiativen der
Stadtgesellschaft, wie mit diesen langfristig vor allem aus einer antikolonialen
Perspektive umgegangen wird.
Wir fordern, dass alle Straßen, die nach Kolonialverbrecher*innen (wie die
Petersallee, der Nachtigallplatz oder die Wissmannstraße), nach
Kolonialprofiteur*innen (wie die Lüderitzstraßen) oder nach für den
Kolonialismus poltisch Verantwortlichen benannt sind, umbenannt werden. Das
bedeutet für uns, dass wir die Umbenennung aller Otto von Bismarck gewidmeten
Straßen und Plätze fordern. Bismarck initiierte die sogenannte "Kongo-
Konferenz", bei der die europäischen Kolonialmächte den afrikanischen Kontinent
unter sich aufgeteilt haben. Damit ist er zu großem Teil an der entstanden
kolonialen Weltordnung beteiligt gewesen. Unter diesem Umstand finden wir es
nicht tragbar, dass er so umfangreich im öffentlichen Raum geehrt wird.
Deutschland war eine der brutalsten Kolonialmächte. Diese Vergangenheit darf
nicht länger in deutschen Schulen geleugnet werden. Deshalb müssen der deutsche
Kolonialismus und seine Folgen als Pflichtmodule in den Lehrplan. Neue
Perspektiven und vor allem diejenigen Schwarzer Menschen und People of Color
müssen in die Geschichtsbücher der Schüler*innen Berlins. Verankerung darf aber
nicht nur auf der Schulebene stattfinden, Kolonialismus muss auch in Berlins
Hochschulen fest institutionell verankert sein. Dabei sollen die Geschichte des
deutschen Kolonialismus, seine Kontinuitäten sowie die Geschichte und
Perspektiven Schwarzer Menschen in Deutschland thematisiert werden. Wir wollen
das Bewusstsein für Rassismus stärken und unterstützen daher die Etablierung des
Studiengangs Intersektionale Black Studies.
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