Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung auf der Bezirkekonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | 4. GJ B Positionen für das Superwahljahr |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 06.09.2020, 11:23 |
Antragshistorie: | Version 1 |
A10NEU2: Die große Klimaanpassungsstrategie Berlin!
Antragstext
Die Folgen des Klimawandels sind über die letzten Jahre immer häufiger und
stärker zu spüren. Von den zwölf wärmsten Jahren in Deutschland seit 1881 sind
zehn aus den vergangenen zwanzig Jahren. Die tendenziell häufiger auftretenden
Sommertage oder heißen Tage stellen ein erhebliches gesundheitliches Risiko
insbesondere für gesundheitlich vorgeschädigte Personen, ältere Menschen und
Säuglinge dar. Oftmals treten diese Tage in Folge und begleitet von
Tropennächten auf, sodass die Regenerationsfähigkeit zusätzlich beeinträchtigt
wird. Das führt zu erheblichen Einschränkungen des alltäglichen Lebens,
beispielsweise auch zu neu auftretender Migräne, etc. wodurch es ein
gesamtgesellschaftliches Problem wird. Dies wirkt sich besonders auf Menschen
aus, die nicht die Mittel haben, um sich zu schützen. Außerdem wohnen Menschen
mit geringeren Einkommen in Wohnungen, die weniger von Hitze geschützt sind und
deren Umfeld keine Zuflucht bietet. So sterben jedes Jahr Menschen aus
Risikogruppen, wie alte, kranke und obdachlose Menschen aufgrund von extrem
Temperaturen in Berlin. So schätzt das RKI, dass 2018 in Berlin rund 490
Menschen aufgrund von Hitze vorzeitig starben.[12.] Im Sinne der
Klimagerechtigkeit ist es unsere Pflicht, unsere Stadt frühzeitig an die
klimatischen Veränderungen anzupassen und weitere Temperaturanstiege zu
verhindern.
Die Grüne Jugend Berlin möge folgenden Antrag beschließen und bei Bündnis90/DIE
GRÜNEN einbringen:
Niederschlag und Überschwemmungen:
Für Deutschland wird aktuell eine Zunahme der Tage mit schwerem Gewitter in den
kommenden Jahrzehnten erwartet.[4] Große Mengen an Starkregen führen dezentral
zu einem schnellen Überlasten der Abwasserkanalisation. Durch die hohe
Flächenversiegelung in Berlin, kann das Wasser nicht versickern und fließt
direkt in die Kanalisationssysteme, welche für diese Massen nicht ausgelegt
sind. Dadurch gelangt Schmutz- und Abwasser durch Überschwemmung in Flüsse und
Gewässer und vergiftet diese.
Eine von vielen Lösungen für die Minderung von Überschwemmung, wird in Berlin
bereits an vielen Orten angewandt und erforscht: volle Balkonbegrünung,
Efeuhauswände und Projekte, wie die der Beuth Hochschule [9.] zusammen mit dem
"Kö-Bogen 2" in Düsseldorf zeigen, dass bereits heute viele Maßnahmen zur
Klimaanpassung möglich sind und diese auf Akzeptanz in der Bevölkerung stoßen .
Begrünte Fassaden, bepflanzte Balkone und begrünte Dächer binden CO2, wirken
luftreinigend, halten Regenwasser in die Kanalisation zurück, vergrößern die
biologische Vielfalt von Pflanzen und können die Aufheizung der Stadtluft
verringern.
Die Erdschicht und die Pflanzen von Dachbegrünung wirken auch für die Gebäude
als lebendige Dämmung, wodurch die Innentemperatur ganzjährig angenehmer ist -
kühler im Sommer und wärmer im Winter.
Deswegen fordern wir radikale Vorschriften in allen Bebauungsplänen und
Vereinbarungen von Bauanträgen auf anfangs allen neuen Gewerbegebäuden,
Einkaufszentren und Industriegebäuden ab 2021 und ab 2025 ausgeweitet auf alle
neue Gebäude: 99% der Gebäudeoberfläche muss mit Fasssadenbegrünung,
Dachflächenbegrünung, klimaresilientem Material, intelligenten Fensterscheiben
sowie Photovoltaik-, Solar- und Kleinwindkraftanlagen ausgestattet werden.[7.]
Zudem sollen in zehn ersten Kiezen ganze Straßenzüge und Quartiere vertikal und
horizontal bis 2025 nach neu entwickelten und einheitlichen Modellen "begrünt"
werden. Darauf soll ein kontinuierlicher Prozess folgen und jährlich 100 weitere
Straßenzüge nach einheitlichen Standards begrünt werden. Ein Teil der begrünten
Dächer soll zudem als begehbare Dachgärten gestaltet werden. Dabei soll mit
einem Förderpaket in jedem Kiez mehrere öffentlich zugängliche Dachflächen mit
Sitzbänken, Spielplätzen, Gemeinschaftsgärten und Aussichtsplätzen an der
Frischluft, als Teil des Konzeptes der neuen klimaresilienten Stadt, bis
01.01.2020 geschaffen werden und ab 2022 linear weiter ausgebaut werden. Wir
fordern jeden Bezirk auf, jedes Jahr die begrünte Fassadenflächen zu verdoppeln.
Bis 2040 sollen 80% des Berliner Gebäudebestandes nach diesem Konzept mit
Fassadenbegrünung und/oder Dachbegrünung ausgestattet sein und die Stadt nach
und nach an das veränderte Klima angepasst werden. Dies unterstützt und leitet
das Land Berlin mit einer neuen Abteilung für klimaresiliente Stadtplanung. Alle
Bezirke werden von dieser bei der Analyse, Planung und Umsetzung personell,
finanziell und planerisch unterstützt. Zudem werden dafür Mittel und
Unterstützung für Grünflächenämter, Bürger*inneninitiativen sowie Schul- und
Forschungsprojekte massiv ausgeweitet.
Uns ist bewusst, dass ein begrüntes Gebäude zunächst höhere Bau- und
Wartungskosten hat, langfristig werden jedoch, beispielsweise durch eine bessere
Stadtluft, geringeres gesundheitliches Risiko, der Prävention von
Überschwemmung, der natürliche Kühlungseffekt und die vielen neuen öffentlichen
"urban Gardening" Flächen, die Kosten für die Allgemeinheit deutlich senken.
Ein weiteres Problem bei Starkregen ist, dass das Wasser nicht aufgefangen wird,
sondern ungenutzt in der Kanalisation versinkt. Durch weitere Wasserspeicher
können große Mengen Regenwasser aufgefangen und somit die Kanalisation entlastet
werden. Deswegen fordern wir, dass ab 2025 alle Industriegebäude sowie große
Gebäude mit mehr als 100m^2 Dachfläche, Regenwasser sammeln und für die
Bewässerung des Stadtgrüns bereitstellen. Anschließend soll dieses Wasser zur
kostengünstigen Bewässerung des Stadtgrüns eingesetzt werden. Diese
Investitionen sind auf lange Sicht eine Möglichkeit die Kosten der
Begrünungspflege zu senken.
Neben den Maßnahmen zur Begrünung von Dachflächen und der Entgegenwirkung von
Überschwemmungen sollen Parkhäuser mit offenem obersten Parkdeck der
Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden und on öffentliche, grüne Dachparks
umgestaltet werden. Dabei sollen Vereine und Initiativen die Gestaltung sowie
teilweise Bewirtung der Flächen übernehmen können. Dadurch wollen wir neue
Lebens- und Kulturzentren mit einem Ausblick über den Kiez schaffen.
Dürren und Gewässer
Das vorhandene Stadtgrün und die zahlreichen Gewässer in Berlin müssen geschützt
werden. Durch die stärkere Sonneneinstrahlung bilden sich Algen schneller,
welche einen hohen Sauerstoffverbrauch haben. Um Fischsterben und sogenanntes
Kippen der Seen voruzubeugen, soll jährlich zusammen mit der Freiwilligen
Feuerwehr das Wasser mit Pumpen umgewälzt werden und dadurch frischer Sauerstoff
zugeführt werden. . Das Grünflächenamt muss zukünftig finanzielle Mittel und
Ausrüstung bekommen, um der Algenbildung entgegenzuwirken und die Wasserqualität
aufrechtzuerhalten. Die Badeseen bieten vielen Menschen eine Abkühlung und
Lebensqualität an heißen Tagen. Dieses kostenlose und wichtige Freizeitangebot
muss durch die Stadt geschützt werden. Langfristig sollen in Berlin auch neue
Seen, Bademöglichkeiten und Naturparks entstehen. Neubaugebiete ab einem
Quadratkilometer, beispielsweise wie die geplante Bebauung des Tegeler Feldes
müssen neue Seen und Gewässer anlegen sowie naturnahe Rückzugsorte in die
Fassaden- und Dachkonstruktion mit einbeziehen.
Werden Hitzeperioden von anhaltender Trockenheit begleitet, geraten auch die
Berliner Wälder und das Stadtgrün unter Stress, was zu einer erhöhten
Anfälligkeit für Schaderreger führen kann.
Die Straßenbäume können die Lufttemperatur der Stadt um 2°C senken und die
Temperatur des Asphalts sogar um bis zu 15°C. Bei Neubepflanzung muss deshalb
auf eine Diversität bei der Artenauswahl geachtet werden, damit bei Krankheit
nicht der komplette Baumbestand gefährdet wird. Hitzeresiliente Arten sind
ebenso zu berücksichtigen.
In Berlin gibt es 431.109 Straßenbäume (Stand: 31.12.2019) und viele
Quadratkilometer Bepflanzungen, um die sich das Grünflachenamt kümmert. Leider
sind aktuell die Kapazitäten nicht ausreichend, um alle Straßenbäume an heißen
Tagen zu bewässern. Wir fordern daher, bis 2021 ein langfristiges Konzept zur
Bewässerung der Straßenbäume zu erarbeiten. So sollen unter anderem automatische
Bewässerungssysteme mit Schlauchanlagen bei Baumaßnahmen, beispielsweise
Neubepflanzung, Entsiegelung von Parkplätzen, Umgestaltung oder Verengung von
Straßen direkt verbaut und integriert werden. Neben der Auswahl geeigneter
Baumarten in Hinsicht auf die steigenden Temperaturen und der veränderten
klimatischen Bedingungen in den nächsten Jahrzehnten muss die Anzahl der
Neupflanzungen deutlich ansteigen. In Zeiten der weltweit höchsten CO2
Emissionen können wir nicht zulassen, dass der Baumbestand in Berlin
kontinuierlich abgebaut wird. Wir fordern die Anzahl der Straßenbäume in Berlin
bis 2030 um 25% zu steigern. Diese sollen vorrangig auf entsiegelten PKW-
Parkplätzen und zurückgebauten Straßen bepflanzt werden.
Für die Bewässerung der Straßenbäume soll neben einer Stärkung der Mittel von
Grünflächenämtern ein großes Baumscheibenbepflanzungsprogramm für 100.000
Baumscheiben in Wohnstraßen entwickelt werden. Durch die Bepflanzung der
Baumscheibe wird Wasser vor Verdunstung zurückgehalten und das gießen der Bäume
für Anwohnende attraktiver. Die Bepflanzungen unterstützen den Schutz der
Stadtbäume, lockern den meist harten wasserundurchlässigen Boden, liefern
Lebensqualität durch attraktive Begegnungsräume, teilweise mit integrierten
Sitzbänken für Anwohnende und außerdem unterstützt die Bepflanzung die
Biodiversität und den Schutz von wichtigen Insekten in unserer Stadt.
Mithilfe von Baumpat*innenprogrammen sollen einerseits die Grünflächenämter
entlastet und der urbane Lebensraum begrünt und bunt gestaltet werden.
Anwohnende können sich für eine Baumscheibe in der Nähe der Wohnung bewerben,
kümmern sich um die Bewässerung, Pflege, Bepflanzung und Gestaltung der
Baumscheibenfläche (also die nicht versiegelte Flächen um den Baumstamm herum).
Baumpat*innen bekommen im Gegenzug transparente Prämien von 50€ im Jahr sowie
einen Materialgutschein für bis zu 250€ im Jahr. Zudem soll regelmäßig und
öffentlich in Kiezwettbewerbe über die schönsten Baumscheiben abgestimmt werden.
Das neue Baumpat*innenprogramm soll auch die Öffentlichkeit über die Funktion
und Rolle von Stadtbegrünung und auch über den Wasserbedarf der Straßenbäume
aufklären, damit Menschen nicht nur kleine Mengen für die Bepflanzungen gießen,
sondern genug Wasser, damit der Baum und alle Wurzeln versorgt werden.
Bei der Nutzung durch Anwohnende müssen die Partizipationsmöglichkeiten
gesteigert und Hürden abgebaut werden. Zudem fordern wir, dass Hausverwaltungen
den Baumpat*innen einen Wasseranschluss im Erdgeschoss für die Bewässerung der
Baumscheiben bereitstellen müssen. Somit soll mittelfristig ein wichtiger
Beitrag zur Bildungs- und Aufklärungsarbeit einer klimaresilienten Stadt in der
Öffentlichkeit stattfinden.
Hitze und Kälte:
Durch den Klimawandel steigt die Zahl der Hitzerekorde und Hitzewellen auch in
Berlin weiter an. Die ansteigenden Temperaturen und längeren Hitzeperioden
sorgen für eine zunehmende Verbreitung von Klimageräten. Daraus ergeben sich
aber auch neue Probleme: beispielsweise ein höherer Elektroenergieverbrauch,
Klimaveränderungen durch den damit verbundenen höheren Kohlendioxidausstoß und
Ozonschichtveränderungen durch entweichende Kältemittel.
Alternativ zu herkömmlichen Kompressor-Klimaanlagen wird seit Mitte der 1980er
Jahre auch in Deutschland immer mehr die sogenannte adiabate Kühlung eingesetzt.
Die erforderliche Kälte wird dabei durch Verdunstungskälte erzeugt.
Beispielsweise hat das deutsche Bundeskanzler*innenamt eine adiabate Kühlanlage,
mit der die Büroflächen gekühlt werden. Ein weiteres Beispiel für diese
Verdunstungskühlung war die EXPO 1992 in Sevilla. Dort wurde die
Außenlufttemperatur auf dem EXPO-Gelände durch Verdunstung von zuweilen 42°C auf
36°C abgesenkt.
Die Kopplung der Kälteversorgung im Sommer mit der Wärmeversorgung im Winter
mithilfe von Eisspeichern, Latentwärmespeichern, Solarwärme, Geothermie,
Kältenetzen und einer niedrigen Vorlauftemperatur des Fernwärmenetzes soll dafür
sorgen, dass sich Berlin an die veränderten Anforderungen des Klimas anpasst.
Die große Klimaanpassungsstrategie Berlins muss diese Möglichkeiten
berücksichtigen und im Erneuerbaren-Wärme-Gesetz wiederspiegeln.
Hinzu kommt, dass in Städten wie Berlin es auch ohne den Klimawandel zu höheren
Luft- und Oberflächentemperaturen als im unbebauten Umland kommt: Eine hohe
Oberflächenversiegelung und dichte Bebauung führen dazu, dass Städte tagsüber
sehr viel Sonnenenergie absorbieren und in den Baukörpern sowie über den Asphalt
speichern.[1,2,3]
Damit Berlin auf die Herausforderungen der Hitzewellen in der Klimakrise
vorbereitet ist, muss bis 2025: 50 % der Verkehrsfläche entsiegelt werden! Diese
Entsiegelung reduziert die Absorbtionsfläche von Wärme durch weniger Asphalt und
Beton, wodurch ein natürlicher Kühlungseffekt wieder hergestellt werden kann.
Außerdem werden durch die gewonnenen Grünflächen CO₂ Emissionen kompensiert und
bei einer Häufung von Starkregen die Kanalisationen entlastet. Nur so kann die
Stadt sich langfristig selbst kühlen und Menschenleben geschützt werden.
Der dadurch freie Platz soll für umweltfreundliche, begrünte und
wasserdurchlässige Alternativen, die in das nachhaltige
Gesamtklimaanpassungspaket sinnvoll integriert sind, zur Verfügung stehen. Die
Entsiegelung von Autospuren und Parkplätzen soll in öffentlichen Raum für neue
Blumenwiesen, neue Bäume, größere Baumscheibenbepflanzung, Kulturräume und
Begegnungszonen, Spielgeräte und Tischtennisplatten, Fahrradleihstationen,
Hochbeete und Urban Gardening Flächen, Trinkwasserbrunnen, Giesstation und
Springbrunnen sowie für Hohe Hecken und Naturrückzugsräume umgestaltet werden.
Langfristig sollen Wohnstraßen ab 2030 generell frei von motorisiertem
Individualverkehr werden.
Die Breite der Straße kann dadurch deutlich verkleinert werden kann. Auch
sämtliche Parkplätze werden nicht mehr gebraucht. Somit werden große Flächen für
die Entsiegelung frei.
Dass in Berlin 10 mal mehr Fläche für PKW Parkplätze als für Spielplätze
vorhanden ist, sehen wir kritisch. Wir fordern zehn, mindestens ein Kilometer
lange, Straßen bis 01.01.2022 vollständig zu entsiegeln. Daraufhin müssen in
diesem Sinne jährlich weitere 100 Kilometer folgen. Mit einem zusätzlichen Push
& Pull Gesamtprogramm, zum Beispiel durch einerseits verstärkter
Parkraumbewirtschaftung und andererseits einer starken Förderung des
Radverkehrs, sollen zudem Durchgangsstraßen durch bessere Umweltalternativen
obsolet gemacht werden.
Das heutige Stadtbild mit breiten Straßen und versiegelten Flächen zwischen den
Gebäuden muss einer lebenswerten Stadt weichen. Mit der Anpassung zu einer
klimaresilienten Stadt erscheinen die ehemaligen Straßen wie breite Grünstreifen
und nahezu kleinen Parks zwischen begrünten Gebäuden. Eine schmale Fahrpur in
der Mitte dient lediglich dem Lieferverkehr und Umweltmobilitätsverbund. Eine
autogerechte Stadt ist nicht wiedererkennbar, sondern ist einer lebenswerten
Stadt für alle Bewohner*innen gewichen.
Die somit geschaffenen klimafreundlichen Kieze bieten neue Lebens- und
Gestaltungsmöglichkeiten und gesünderen Lebensraum für Menschen und Umwelt. Das
ist das neue Hauptziel der Berliner Stadtentwicklungspolitik.
BEK 2100
Die Grüne Jugend hat 2019 bereits verabschiedet, dass ein völliger
Paradigmenwechsel für die Klimaanpassung notwendig ist und unversiegelte Flächen
zur Norm werden. Wir fordern hiermit eine konkrete Gesamtstrategie zu
entwickeln, welche entscheidende und radikale Grundelemente setzt, um auch 2100
in Berlin leben zu können.
Wir begrüßen die Maßnahmen des Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 (BEK 2030),
doch wir sehen deren Reichweite und Umsetzung als kritisch und gescheitert. Die
Ziele des BEK 2030 richteten sich nicht nach dem Pariser Klimaabkommen, sind für
die Einhaltung des 1,5°Zieles unzureichend und bereiten Berlin nicht auf eine
klimaneutrale Zukunft vor, in der alle Menschen gesund und geschützt leben
können. Da dieses BEK 2030 bereits 2021 ausläuft und die notwendigen Maßnahmen
für Klimaanpassung bei Weitem nicht ausreichend sind, fordern wir ein neues,
radikales und weitaus umfassenderes nachfolge Energie- und Klimaschutzprogramm
jetzt vorzubereiten. Die aktuellen Prognosen der Klimaveränderung überschreiten
deutlich die bisher angenommenen Werte. Die Klimaanpassung einer Metropole wie
Berlin benötigt Jahrzehnte, währenddessen der Klimawandel schneller
voranschreitet, als die negativsten Prognosen aus den letzten Jahren berechnet
hatten. Deswegen ist es wichtig jetzt zu handeln, den Grundstein für ein
klimaneutrales Berlin 2035 zu legen und Anpassungen für die nächsten Jahrzehnte
schon heute zu beginnen!
Um die Stadt an die starken Veränderungen anzupassen und die Menschen zu
schützen, fordern wir aus diesen Gründen das größte und nachhaltigste
Maßnahmenpaket für Berlin, das es je gegeben hat und keine Ecke der Stadt
unberührt lässt. Das neue BEK 2100 soll eine Vielzahl von städtebaulichen
Klimaanpassungsentwicklungsprogrammen entwickeln. Dabei werden umfassende und
weitreichende Möglichkeiten analysiert, entwickelt und für die langfristige
Projektstrategie vorbereitet. Die demografische Entwicklung führt – wenn auch
langsamer als in anderen Bundesländern – auch in Berlin zu einer immer älteren
Gesellschaft. Damit wächst auch hier der Anteil der in Bezug auf den Klimawandel
vulnerablen Bevölkerungsgruppen. Dem muss sich die Klimaanpassungspolitik
Berlins konsequent stellen. Vor diesem Hintergrund soll das neue BEK vor allem
in den Handlungsfeldern Gesundheit und Mobilität stärkere Akzente setzen. Mit
diesen Maßnahmen soll auf die klimatische und demografische Entwicklung
eingegangen werden und die negativen Folgen für Gesundheit, Infrastruktur,
Lebensweisen, Krankenhäuser, Pflege, Schulen und allen anderen Lebensbereichen
vorbeugt und verhindert werden.
Verantwortung und Klimagerechtigkeit
Wir wollen zusammen mit anderen Städten klimaneutral und klimaresilient werden
und uns von erfolgreichen Konzepten inspireren lassen. Berlin nimmt seine
Verantwortung für die Treibhausgasemissionen der letzten 150 Jahren ernst,
welche schwerste Auswirkungen und Klimawandelschäden auf Städte in anderen
Kontinenten zur Folge hat. Daher trifft Berlin eine besondere Verantwortung die
eigenen Treibhausgasemissionen drastisch zu reduzieren und weltweite
Klimagerechtigkeits projekte zu unterstützen. Dafür werden mit bestehenden
Städtepartner*innenschaften Projekte zur klimaanpassung und klimaneutralität
erarbeitet und aufgebaut.
Zudem muss Berlin zu weiteren Städten und Regionen Kontakt aufnehmen, denn die
ungleiche Verteilung der Folgen der globalen Erwärmung unter Berücksichtigung
des Verursacher*innenprinzips, trifft besonders jene Bevölkerungsgruppen,
(mehrheitlich im Globalen Süden), die am wenigsten zum Klimawandel beitragen,
oftmals aber am stärksten und ungeschütztesten unter seinen Folgen zu leiden
haben. Mit diesen Bevölkerungsgruppen wird Berlin Kontakt aufnehmen, über die
Auswirkungen sprechen und Klimapässe anbieten. An Berliner Schulen und
Universitäten wird themenübergreifend über globale Klimagerechtigkeit und die
Klimakrise gelehrt und aufgeklärt.
Unsere Hauptforderungen:
- Berlin an die klimatischen Bedingungen Städtebaulich anpassen
- Schutz der Menschen in Berlin vor Hitzen, Dürren, Starkregen und
Überschwämmungen
- Radikale Vorschriften für 99% klimaresilente Gebäudeoberflächen von 80%
des Berliner Gebäudebestandes bis 2040
- Regenwassernutzung auf Gebäuden mit mehr als 500m^2 Dachfläche
- Regenwassernutzung auf allen Dachflächen
- Verstärkte Schutzmaßnahmen zum Erhalt und Pflege von grünen und blauen
Flächen
- Anzahl der Straßenbäume in Berlin bis 2030 um 25% zu steigern
- Umfassendes Baumscheibenbepflanzungsprogramm und 100.000 neue
Baumpat*innen
- Aufklärungskampagne über Stadtgrün und Wasserbedarf von Stadtbäumen
- Bereitstellungspflicht von Wasseranschlüssen im Erdgeschoss von
Wohngebäuden für die dezentrale Bewässerung von Baumscheiben
- Entsiegelungsprojekte und Bepflanzung für ein natührliches Kühlen von 50%
der Verkehrsfläche im Einklang mit einer Stärkung des Umweltverbundes
- Umfassendes und nachhaltiges Maßnahmenpaket für die Klimaanpassung Berlins
- Vielzahl von städtebaulichen Klimaanpassungentwicklungsprogrammen
- Verknüpfung von Verkehrswende und Klimaanpassung
- Investitionen zur Erforschung weiterer Klimaanpassungsmaßnahmen
- Ausbau des Grünflächenamtes (Budget und Personal)
- Frischluftschneißen statt Autobahnen
- Weltweite Klimagerechtigkeitsprojekte mit neuen, von Klimawandel bedrohten
Partner*innenstädten
Begründung
Erfolgt mündlich und stellenweise im Antrag.
Literaturhinweise:
1. Coumou, D., Robinson, A. & Rahmstorf, S. Global increase in record-breaking monthly-mean temperatures. Clim. Change 118, 771–782 (2013).
2. Coumou, D. & Rahmstorf, S. A decade of weather extremes. Nat. Clim. Chang. 2, 491 (2012).
3. Hansen, J., Sato, M. & Ruedy, R. Perception of climate change. Proc. Natl. Acad. Sci. 109, E2415–E2423 (2012).
4. Mohr, S., Kunz, M. & Keuler, K. Development and application of a logistic model to estimate the past and future hail potential in Germany. J. Geophys. Res. Atmos. 120, 3939–3956 (2015).
6. David Nelles, Christian Serrer "Kleine Gase- Grosse Wirkung", 2018, https://www.klimawandel-buch.de/
7. Paul Hawken "Drawdown - Der Plan", 2017
Kommentare
Dr. Anne Kathrina Gruber:
Und noch ein Punkt: In dem ganzen sehr gut recherchierten und nahezu alle Fazetten des Stadtgrüns umfassenden Text steht (noch) nichts zur Forderung, die STRAßENPUMPEN in Berlin (allein über 200 in Mitte!) in funktionsfähigem Zustand zu erhalten bzw. ihre Anzahl zu erhöhen. Diese im Rahmen der Notversorgungsmaßnahmen angelegten Grundwasser-Brunnen mit ihren Schwengelpumpen, die der unabhängigen (Not-) Wasserversorgung der Bevölkerung dienen sollen, können ebenfalls für das Wässern von Bäumen (+ Baumscheibenbepflanzungen) genutzt werden (wiederholtes Pumpen erhält ihre Funktrionsfähigkeit!).