kleine Ergänzung
Antrag: | Keine Profite mit der Miete! |
---|---|
Antragsteller*in: | Tjado Stemmermann (KV Berlin-Neukölln) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Übernahme |
Eingereicht: | 28.09.2024, 12:56 |
Antrag: | Keine Profite mit der Miete! |
---|---|
Antragsteller*in: | Tjado Stemmermann (KV Berlin-Neukölln) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Übernahme |
Eingereicht: | 28.09.2024, 12:56 |
Keine Profite mit der Miete! - Leitantrag
Berlin dabei kaum neu gebaut. Stattdessen wandert ein Großteil der Gewinne in Neukäufe und Devisenausschüttungen anDividendenausschüttungenan Aktionär*innen.
Zwischen 2009 und 2019 ist die durchschnittliche Miete in Berlin um 104% gestiegen, während der Bruttolohn lediglich 34% angestiegen ist. Die Mietteuerung führt also dazu, dass Menschen real weniger verfügbares Einkommen haben. Bezahlbarer Wohnraum wird seltener, und betroffen sind insbesondere, aber schon lange nicht
Wohnen ist ein Menschenrecht! Doch für Kapitalist*innen sind Wohnungen vor allem
Kapitalmittel, um Gewinn zu erwirtschaften. Eine Möglichkeit, die wir als
Arbeiter*innen nicht haben.
Die Symptome des kapitalistischen Wohnungsmarkts sind nicht neu und für alle
Berliner*innen spürbar. Es gibt zu wenig Wohnraum, somit auch Wohnungs- und
Obdachlosigkeit, die hohen Mieten steigen immer weiter und gleichzeitig machen
Immobilienkonzerne die Wohnhäuser zu Spekulationsobjekten.
Zu wenig Wohnraum!
Laut Hans-Böckler-Stiftung fehlen in Deutschland 1,9 Millionen bezahlbare
Wohnungen. In Berlin sind es ca. 310.000.
Während 1995 noch 600.000 Tausend Wohnungen gebaut wurden, erreichte die
Bundesregierung 2023 nicht ansatzweise ihr Ziel von 400.000 Neubauwohnungen,
sondern schaffte gerade einmal 295.000.
Grund ist vor allem die Privatisierungswelle der 1990iger Jahre, in denen
kommunale Wohnungen an Privatunternehmen verkauft wurden. Die Neubauvorhaben
privater Unternehmen orientieren sich nicht an dem Bedarf der Gemeinschaft,
sondern an dem "Bedarf" nach möglichst viel Profit. Das Geschäftsmodell von
Vonovia und Co. ist, Wohnungen billig aufzukaufen und anschließend die Miete zu
erhöhen.
Im Gegensatz zu kommunalen Wohnungsbauunternehmen haben Privatunternehmen in
Berlin dabei kaum neu gebaut. Stattdessen wandert ein Großteil der Gewinne in
Neukäufe und Devisenausschüttungen anDividendenausschüttungenan Aktionär*innen.
Und selbst wenn private Konzerne neu bauen, ist dies fast nie bezahlbarer
Wohnraum. Stattdessen sehen wir in immer mehr Fällen den Bau von Luxuswohnungen
bzw. Wohnungen im oberen Preissegment, wo eigentlich bezahlbarer Wohnraum
notwendig wäre. Die Logik, dass mehr Wohnungen (ganz nach dem Motto: bauen,
bauen, bauen) somit gleichzeitig niedrigere Preise bedeuten, funktioniert in
diesem System also nicht.
Zu teure Mieten!
Zwischen 2009 und 2019 ist die durchschnittliche Miete in Berlin um 104%
gestiegen, während der Bruttolohn lediglich 34% angestiegen ist. Die Mietteuerung führt also dazu, dass Menschen real weniger verfügbares Einkommen haben. Bezahlbarer
Wohnraum wird seltener, und betroffen sind insbesondere, aber schon lange nicht
mehr nur Haushalte mit niedrigem Einkommen. Die staatlichen Kontrollmechanismen,
die dem Profitinteresse entgegenwirken sollten, erweisen sich als nicht
funktionsunfähig.
Die Mietpreisbremse als Begrenzung der Miete auf maximal 10% mehr als die
ortsübliche Durchschnittsmiete, hat versagt. Wer sich Mietportale anschaut
versteht, dass die Mietpreisbremse ein zahnloser Tiger ist, der Profite quasi
nicht reguliert.
Zum einen bezieht sie sich auf den Durchschnittspreis und entlastet damit zwar
Menschen mit mittleren, jedoch nicht mit niedrigen Einkommen.
Gleichzeitig gibt es viele Ausnahmen, wie möblierte Wohnungen oder Vermietung
nach Neubau, die ein Umgehen der Regelung möglich machen. Offensichtliche
Verstöße werden aufgrund fehlender Kontrolle nicht geahndet.
Auch Sozialwohnungen sind auf dem Rückzug und an sich schon keine Generallösung.
Sozialer Wohnungsbau sieht vor, dass sich private Immobilienkonzerne für einen
bestimmten Zeitraum an soziale Auflagen halten und dafür subventionierte Kredite
erhalten.
Es handelt sich somit eigentlich um ein Investitionsprogramm des Staates in
private Unternehmen, während die Profite durch diese abgeschöpft werden. Sobald
die Sozialbindung ausläuft werden die Wohnungen teuer und zu
Spekulationsobjekten.
Dabei fallen immer mehr Sozialwohnungen aus der Sozialbindung als neue
hinzukommen. Gab es zur Jahrtausendwende immerhin über 2,5 Millionen öffentlich
geförderte Wohneinheiten, waren es nach Angaben der Bundesregierung am 31.
Dezember 2019 bloß noch 1,14 Millionen.
Spekulation führt zu Leerstand!
Gewinn lässt sich für Vonovia und Co heute jedoch nicht nur aus ihren
Kapitalmittel, also den Wohnungen, in Form von Miete generieren. Durch die
Finanzialisierung des Wohnungsmarkts wird heute schon längst am Finanzmarkt mit
Wohnraum spekuliert und Gewinn an Aktionär*innen ausgeschüttet. Das kurzfristige
Gewinninteresse der Anleger*inenn steht somit über dem Interesse der normalen
Menschen, die in den Wohnungen leben. Ein Symptom: Leerstand. Da Wohnungen in
Investmentfonds auch ohne Vermietung Geld abwerfen, lohnt sich für manche Firmen
der Aufwand nicht, diese zu vermieten. So stehen Wohnungen in ganz Deutschland,
trotz akuter Wohnungsnot, leer. In Berlin waren es laut Zensus im Jahr 2022 ca.
40.000, davon ca. 11.000, die seit über einem Jahr leer stehen. Obwohl es viele
Gründe, wie z.B. Sanierungen, für einen Leerstand gibt, muss man davon ausgehen,
dass es insbesondere bei Immobilienkonzernen in vielen Fällen um Wertsteigerung
geht.
Obdach- und Wohnungslosigkeit
Ein oft vergessenes Symptom des kapitalistischen Wohnungsmarktes ist Wohnungs-
/Obdachlosigkeit.
Es gibt eine Vielzahl von strukturelle Gründen seine Wohnung zu verlieren.
Aber Wohnungslosigkeit bleibt dabei eine politische Entscheidung!
Wohnungslosigkeit ist ein wachsendes soziales Problem in Deutschland, das durch
verschiedene Faktoren wie Miet- und Energieschulden, Arbeitslosigkeit,
Trennungen und steigende Mieten, insbesondere in städtischen Gebieten,
verursacht wird. Besonders betroffen sind Menschen mit Migrationshintergrund und
Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind.
Sowohl private, als auch landeseigene Wohnungsunternehmen führen weiterhin
Zwangsräumungen durch. Im Jahr 2023 stieg die Zahl in Berlin auf mehr als 2.000
Fälle. Jeder einzelne davon ein Armutszeugnis für die aktuelle Wohnpolitik.
Niemand zahlt aus Spaß keine Miete. Es braucht Unterstützung, und keine
Bestrafung von Armut durch Zwangsräumungen. Wenn Wohnen ein Menschenrecht ist -
und das ist es - und Obdachlosigkeit bekämpft werden soll, dann müssen
Zwangsräumungen verboten werden. Um die Wohnungslosigkeit wirksam zu bekämpfen,
sind folgende Maßnahmen dringend notwendig:
1. Wir fordern die Bundesregierung und den Berliner Senat auf, bezahlbaren
Wohnraum massiv zu fördern und sicherzustellen, dass dieser auch langfristig zur
Verfügung steht.
2. Zudem bedarf es gesetzlicher Regelungen, die Kündigungen durch
Vermieter*innen, die ausschließlich der Mietpreiserhöhung dienen, zu verhindern.
Mieter*innenschutz und -beratung müssen gestärkt und ausgeweitet werden.
3. Frühzeitige Unterstützungssysteme müssen ausgebaut werden, um Menschen in
finanziellen Schwierigkeiten schnell und unbürokratisch zu helfen. Sozial- und
Schuldnerberatungen sind stärker zu fördern, um Betroffene bereits vor einem
möglichen Wohnungsverlust zu unterstützen.
4. Spezielle Hilfsprogramme für Menschen mit Migrationshintergrund und Frauen,
die von Gewalt betroffen sind, sollen entwickelt und finanziell unterstützt
werden, um deren erhöhtes Risiko für Wohnungslosigkeit zu senken.
Obdachlose Menschen sind mit vielen Problemen in Berlin konfrontiert. Eines der
größten ist die herabwürdigende Behandlung obdachloser Menschen im öffentlichen
Raum. Von besonderer Bedeutung sind deshalb Schutzräume, die kostenlos Essen,
Wärme und menschliches Miteinander bieten. Notübernachtungen sind ein zentraler
Bestandteil der Infrastruktur, die den Ärmsten helfen soll. Doch gerade diese
sind oft kapazitiv an ihren Grenzen. Die größte Berliner Notübernachtung war im
letzten Winter durchschnittlich um 10 % überbelegt. Viele wurden abgewiesen, und
diejenigen, die bleiben konnten, schliefen dicht zusammengekauert, ohne Decken
oder Schlafsäcke (wegen der Brandgefahr) auf dem nackten Boden. Das ist
menschenunwürdig.
Zudem sind viele obdachlose Menschen auf Rollstühle angewiesen, doch
Schutzeinrichtungen, die ihnen Zugang bieten können, fehlen oft. Menschen mit
stark sichtbaren psychischen Erkrankungen kann oft nicht geholfen werden, nicht
selten kommt es zu Suizidversuchen. Es braucht multiprofessionelle Teams,
bestehend aus medizinischem Personal, psychotherapeutisch ausgebildeten
Fachkräften, Sicherheitskräften und Sozialarbeitenden. Mehr als 75 % der
Obdachlosen sind nicht deutscher Herkunft, für diese Menschen sind Übersetzende
notwendig.
Für uns ist klar: All diese Haupt- und Ehrenamtlichen sind ein Hoffnungsanker
für viele notleidende Menschen. Doch sie werden oft an ihre Grenzen gebracht. Es
braucht deutlich mehr finanzielle Mittel aus öffentlichen Kassen sowie
umfassende Schutzkonzepte.
Zusätzlich verurteilen wir menschenfeindliche Architektur aufs Schärfste.
Vertreibung führt zu einer weiteren Prekarisierung. Wir setzen uns für einen
sofortigen Rückbau ein. Lösungen statt Verschiebebahnhof. Im öffentlichen Raum
bräuchte es stattdessen mehr Wasserspender und öffentliche Duschen.
Obdachlosigkeit ist ein Zeichen politischen Versagens und ein Armutszeugnis
sondergleichen. Diese zentrale Aufgabe eines Sozialstaates auszulagern, ist
dreist – sie dann ungenügend auszustatten und zu finanzieren, ist armselig.
Als langfristige und bisher sehr erfolgreiche Lösung für Wohnungs- und
Obdachlosigkeit gilt “Housing First”, wo obdachlosen Menschen zuerst und
unmittelbar Zugang zu einer eigenen Wohnung ermöglicht wird, ohne Vorbedingungen
wie die Teilnahme an Therapieprogrammen oder den Nachweis von „Wohnfähigkeit“.
Dazu braucht es freiwillige, aber ausreichende sozialarbeiterische Betreuung.
Bestehende Housing-First-Projekte müssen ausgebaut, ausreichend finanziert und
weniger bürokratisch werden und auch für Gruppen, die im Moment nicht
leistungsberechtigt sind, etwa wohnungslose Menschen aus anderen europäischen
Ländern, zugänglich werden. Um für ausreichend Wohnungen zu sorgen, braucht es
auch Bindungen und Quotierungen im Sozialwohnungsbestand für wohnungslose
Menschen.
Klimagerechtigkeit muss Priorität haben!
Klar ist auch: Allein bei der Herstellung von Baustoffen zur Errichtung und
Modernisierung von Gebäuden werden etwa acht Prozent der deutschen Treibhausgas-
Emissionen produziert. Gerade aus Klimaschutzgründen, sollte deswegen dort auf
Neubau verzichtet werden, wo es möglich ist. Deswegen setzen wir uns dafür ein,
dass vermehrt auf andere Möglichkeiten zurückgegriffen wird. Wohnraum kann
intergenerationell getauscht werden, Büroflächen sollten zu Wohnflächen umgebaut
werden und es müssen mehr Anreize zum Substanzerhalt gegeben werden, wenn ein
Abriss und Neubau geplant ist.
Der Gebäudesektor ist in Berlin für etwa 50% der Treibhausgas-Emissionen
verantwortlich. Damit ist die flächendeckende energetische Sanierung des
Gebäudebestandes eine entscheidende Stellschraube. Auch hier ist die
langfristige Lösung für eine sozial gerechte Umsetzung, den Anteil der
kommunalen Wohnungen zu erhöhen. Nur so kann gemeinwohlorientiertes,
demokratisches Handeln gesichert werden. Wir fordern eine jährliche
Sanierungsquote von 10 Prozent. Dabei dürfen Mieter*innen jedoch nicht
zusätzlich belastet werden. Deswegen sollen die Kosten für die Sanierungen durch
eingesparte Heizkosten, den Berliner Senat und den/die Vermieter*in finanziert
werden.
Die Lösungen
Das Grundproblem heißt Kapitalismus. Wenn Wohnungen als Ware gesehen werden und
der Profitlogik unterliegen, kann nicht gleichzeitig im Sinne des Allgemeinwohls
gehandelt werden.
Die Ursache des Problems zu bekämpfen heißt, Wohnen aus der Marktlogik zu
befreien.
Sozialleistungen wie Wohngeld oder BaföG helfen Menschen kurzfristig, füttern
aber am Ende nur den Profithunger von Großkonzernen.
kleine Ergänzung