Veranstaltung: | 2. ordentliche Landesmitgliederversammlung 2022 der GJB |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 14 Inhaltliche Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesmitgliederversammlung GJB |
Beschlossen am: | 23.10.2022 |
Eingereicht: | 27.10.2022, 14:00 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Sportstätten für alle statt nur Herrenmannschaften
Beschlusstext
Berlin ist DIE Sportmetropole Deutschlands.
So beschreibt es zumindest der Senat und meint damit vor allem den Profisport.
Neben den sechs berliner Spitzenvereinen schaut der Senat dabei vor allem gerne
auf internationale Events. Denn während der Sport in unserer Stadt einen
essentiellen Beitrag zur mentalen und körperlichen Gesundheit, zur
Stadtgemeinschaft und -kultur beiträgt, werden immer und immer wieder nur die
kommerziellen Aspekte gefördert.
Als Grüne Jugend Berlin fordern wir einen vielfältigen,
gemeinschaftsorientierten, antikapitalistischen und antirassistischen Sport, der
Platz für alle bietet, die sich daran beteiligen wollen.
Sport ist mehr als nur professioneller Männerfußball
Die Vielfalt Berlins zeigt sich in allen Facetten der Stadt. Nicht zu letzt im
Sport. Für fast jede erdenkliche Sportart findet sich in Berlin an
Amateurverein. Sport braucht Platz. Berlins marode Sportstätten platzen aus
allen Nähten. In Berlin werden Bolzplätze eher abgeschlossen, als renoviert.
Neue Amateurvereine kämpfen um letzte Spielzeiten und der Breitensport versucht
es nicht mal mehr und gehen direkt in die Parks der Stadt.
Noch vielfältiger sind die Gesichter im Sport. Denn Sport in Berlin ist für Jede
und Jeden da. Das muss dasLand Berlin stärker unterstützen.
Männerfußball dominiert nicht nur die Medien, sondern auch die Ausgaben des
Sportsenats. Während Topklubs das Geld hinterhergeschmissen bekommen, müssen
alle anderen um die verbleibenden Cents kämpfen. Dabei sollte es andersrum sein.
Topklubs haben diverse Geldquellen und Sponsoren, die sich aus dem Erfolg
ergeben. Nicht nur im Amateur- und Breitensport fehlen diese Mittel, sondern
auch im nicht-männlichen Profisport. Während männliche Fußballspieler teils
nicht einmal eine Ausbildung abschließen müssen, gehen viele der
Fußballspielerinnen der Bundesliga nebenbei arbeiten.
Wer Sport betreibt, benötigt Sportstätten. Doch die existierenden Sportstätten
in Berlin, werden nicht gleich auf die verteilt, die Sport betreiben. Die
Bezirkssportämter und Bezirkssportbünde bevorzugen strukturell den Männersport
bei der Sportstättenbelegung. Hier muss sowohl anderen Sportarten, als auch
FINTA*-Sportgruppen mehr Raum zugestanden werden.
Die Grüne Jugend Berlin fordert den Senat und die Bezirkssportämter sowie den
Landes- und die Bezirkssportbünde ein umfassendes Gender- und
Sportartenbudgeting inklusive Bezug auf die Vergabe von Sportstättenbelegungen
einzuführen. Dieses muss öffentlich einsichtbar sein und zu echten Veränderungen
führen.
Offene Fankultur
Fankultur ist nicht nur ein wichtiger Bestandteil des Sports, sondern auch ein
essentielle Stütze im Kampf gegen die Kommerzialisierung des Sports. Gerade in
der Ultra- und Hooliganszene des Männerfußball finden sich allerdings toxisch-
patriachale Strukturen, die immer wieder durch rechtes, rassistisches,
homophobes und frauenfeindliches Verhalten auffallen. Das schließt andere Fans
vom Sport aus und wirkt sich, durch Ausschreitungen, teils auf das gesamte
Stadtleben aus. Dieses Phänomen ist dabei nicht nur im Profisport zu sehen. Ein
Vielzahl von Schiedsrichter*innen bereits in der Amateurliga haben schon
tätliche Angriffe erlebt.
Die Grüne Jugend Berlin fordert daher vom Senat strukturelle Antworten, um auch
schon kleinere Sportevents für alle Zuschauer*innen zu öffnen und dass sich der
Berliner Senat der, aus Bremen stammenden, Praxis anschließt und die extra
Kosten durch Hochrisikospiele an die DFL ebenfalls weiterleitet.
Leistungssport entromantisieren
Leistungssport folgt der Idee besondere Talente zu fördern, den eigenen Körper
zu stärken und zu Höchstleistungen zu bringen. Das Gegenteil ist der Fall. Immer
und immer wieder stoßen wir auf Beweise für die toxische Kultur des
Leistungssports. Der Weg in den Spitzensport erfordert von den Sportler*innen
Aufopferung von Talent, Zeit und Geld. Denn der kapitalistische
Wettkampfscharakter des Leistungssport erlaubt keinen Platz für eine gesunde und
ausgewogene Förderung. Auch wenn es aus einer antikapitalistischen Perspektive
eine Menge zu kritisieren gibt, so trainieren jetzt gerade tausende junge
Menschen in Deutschland an Leistungsstützpunkten und geben ihre Jugend, ihre
körperliche und ihre psychische Unversehrtheit, um in ihren Sportarten an die
Spitze zu kommen. Die aller wenigsten werden den Schritt in den Spitzensport
schaffen. Und so fallen jedes Jahr tausende Jugendliche und Kinder durch das
brutale Raster der Aussiebung um die vermeintlichen Besten der Besten. Daraus
ergibt sich eine Verantwortung, die Berlin mit gutem Vorbild ergreifen muss.
Die Grüne Jugend Berlin fprdert eine verpflichtende psychologische Betreuung für
die Sportler*innen, Stärkung der Perspektiv-Seminare für ausscheidende
Sportler*innen und eine ausreichende Begleitung nach der Zeit am
Leistungsstützpunkt, Überprüfung von Trainingsmethoden auf pädagogischen Wert
und möglichen
psychologischen Folgen, und eine Erweiterung der Ausbildung von Landes- und
Bundestrainer*innen um
pädagogische Methoden und Vertiefungen.
Die erst kürzlich veröffentlichte Studie zu "Sexualisierte Gewalt und sexueller
Kindesmissbrauch im Kontext des Sports" der Unabhängigen Kommission zur
Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs liest sich nicht einfach. Aus den
eindrücklich beschriebenen strukturellen Problemen des Leistungsports ergibt
sich vor allem eine Forderung: Die Entromantisierung des (Leistungs-)Sports. Zu
häufig stoßen Betroffene auf taube Ohren oder beschwichtigende Worte anstatt
akurater Hilfe. Die Grüne Jugend Berlin fordert den Senat auf die Studie zur
Grundlage zu nehmen und in Zusammenarbeit mit Expert*innen und
Betroffenenverbänden nachhaltige und wirksame Schutzkonzepte für alle Berliner
Sportverbände -mit besonderem Fokus auf die Leistungssportzentren - auszubauen.
Sport ist nicht frei von Rassimus. Bericht über Studie über Artikel zeigen wie
strukturell BIPoC im Sport benachteiligt werden. Gerade, aber nicht nur, der
Leistungssport zeigt das Ausmaß der Probleme.
Die unabhängige Anlaufstelle für Diskriminierung im Sport des Senats ist eine
wichtiger erster Schritt, aber da muss mehr kommen. Die Grüne Jugend Berlin
fordert den Senat auf die unabhängige Anlaufstelle dezentraler auszubauen und
mit mehr Kompetenzen auszustatten, um dem strukturellen Rassimus im Sport
ernsthaft zu begegnen.
Sport und Jugendförderung - Hand in Hand
Wer Jugend fördern will, muss beim Sport anfangen. Auch wenn der Senat beim
Thema Sportmetropole lieber den kommerziellen Sport betont, bildet der Kinder-
und Jugendsport den bedeutendsten Anteil der berliner Sportlandschaft. Vom
Kindergarten über den Schulsport, von freien Trägern zu den Amateurvereinen.
Sport trägt eine besondere Bedeutung in der Jugendförderung und daraus ergeben
sich besondere Aufgaben für die Politik. Jugendsport in der Form von
Amateurvereinen und auch Breitensport muss höher Priorisiert werden. Die Grüne
Jugend Berlin fordert den Senat auf Organisator*innen von Sportangeboten echte
Perspektiven zu bieten. Berlin braucht mehr multifunktionale Sportstätten und
eine konsequentere, nachhaltigere und geordnetere Sanierung der bestehenden
Sportstätten.
Sport für Alle - unabhägig vom Einkommen
Sport ist Beteiligung. Beteiligung, die nahezu immer vom Einkommen abhängig ist.
Vereinsbeträge, Ausstattung, Mobilität. Das sind alles Kostenpunkte, die nicht
immer einfach zu stämmen sind. Aktuell lasten die Kosten für Entlastung ihrer
Vereinsmitglieder auf den Schultern der Vereine, das muss sich ändern. Denn die
Kassen der Amateurvereine sind ebenfalls leer.
Sanierungsstau, Pandemie, Energiekrise. Der Senat lässt wiederholt die Vereine
im Kostenregen stehen. Anstatt Ausbaupotenziale in Sportstätten zu nutzen und
Vereine durch dezentrale und nachhaltige Energieproduktion zu unterstützen,
müssen Vereine darum bangen im Winter noch die Energiekosten bezahlen zu können.
Begründung
Erfolgt mündlich.